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Die faule Sau

 Als sich unsere Liaison anbahnte, hatte ich mir eine moderne Beziehung vorgestellt. Wenn ich nach Hause komme, erwarten mich saubere Flure und Zimmer - der Traum der Frau im besten Alter. Leider nimmt ER die Arbeitsteilung mehr als genau. Ich muss das Spielzeug der Kinder wegräumen, damit er ohne Unterbrechung arbeiten kann. Selbstverständlich schiebe ich Stühle zur Seite, spreize Türen ein und räume auch sonst alle möglichen Hindernisse aus dem Weg, damit der Herr in Ruhe staubsaugen kann. Zum Beginn einer Beziehung fällt es bedeutend leichter, solche Kompromisse einzugehen. Doch nach einer bestimmten Zeit häufen sich die Ausreden. Ich hätte ja nicht ausdrücklich den Auftrag erteilt, heißt es das eine Mal, das andere Mal hätte er es wirklich versucht, doch er habe einfach nicht genügend Energie gehabt. Neuerdings verhöhnt er mich auch noch per Nachricht aufs Handy. Er habe seine Aufgabe pflichtbewusst erfüllt, doch dann steckte er fest! Als ich nach Hause komme, finde ich ihn allen E
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Wenn Romeo & Julia eine Fitness-Uhr getragen hätten

Wer kennt sie nicht, die tragische Geschichte von Romeo & Julia? Eine Liebe, die nicht sein durfte und zwei unschuldige Leben kostete. Dabei wäre mit einer Fitness-Uhr alles anders ausgegangen. Ich sehe das bei mir und meiner Couch. Dieselbe herzzereißende Geschichte. Es darf nicht zusammen sein, was zusammen gehört. Einfach tragisch. Die Fitness-Uhr hat alles verändert. Wer länger lebt, der leidet länger. Die Fitness-Uhr soll's richten. Schritte-, Schlaf- und Stress-Überwachung - sozusagen das Rundum-Sorglos-Paket. Das Ergebnis ist erschütternd. Ich bin eine 79-jährige übergewichtige und energielose Frau mit zuviel Stress, die einen vegetarischen Tod sterben wird, wenn sie ins Gras beißt. Zum Glück hat die Fitness-Uhr auch gleich die passenden Ratschläge parat, um locker 150 Jahre alt zu werden. Mir wird ganz mulmig. Lebe ich mit den Tipps wirklich länger oder kommt es mir nur so vor? Ich erwäge, mich einfach hinzulegen. Danke, war schön mit euch! Zu meiner Überraschung empfie

Die Legende von St. Martin

Vergangenen Montag fand der St.-Martins-Zug unseres Kindergartens statt. Ein Meilenstein, nicht nur, weil Goldlöckchen sich an dem Vorspiel zur Geschichte des Hl. Martin beteiligen durfte, sondern weil es auch der letzte Martinszug mit einem Kindergartenkind war. Wer kennt sie nicht, die Legende von St. Martin? Damals, vor 30 Jahren, als Erzieherinnen, Kinder und Eltern allen Widrigkeiten trotzten. In Reih und Glied wurden die Kinder aufgestellt und wagten es nicht, aus der Reihe zu tanzen. Statt harmloser LED-Teelichter wurden damals noch ganze Lagerfeuer in die Laternen gepackt, um Wölfe und Bären fernzuhalten. Nur durch Gottes Gnade seien weder Kinder noch Laternen in Flammen aufgegangen. Es baumelten die Laternen noch an Holzstäben mit Splittern so groß wie Zahnstocher. Da hatte man noch etwas in der Hand! So zogen sie aus, um die Kunde des Heiligen Martins bergauf und gegen den Wind in die Welt hinauszusingen. Sie stemmten sich tapfer gegen die nasskalte Wand aus Nebel, während di

Einer geht noch

Täglich grüßt das Murmeltier, zu  das es sich abends ' auf der Couch zwischen dem Göttergatten und mir gemütlich gemacht hat. "Was schauen wir denn heute an?" Die Zahl Pi lässt sich schneller komplett aufsagen, als die Rückfrage "Was läuft denn?" beantwortet ist. Da bleibt nur: Ab durch die Mitte und einfach mal einschalten. Schnickschnackschnuck regelt, welcher der drei Streamingdienste es sein soll.  "Auf was hast du denn Lust?" Bin ich Jesus? Frag mich was Einfacheres! Der Film, den ich sehen will, läuft sowieso immer bei dem Dienst, den wir nicht abonniert haben. Wir starten eine Serie. Die Spannung ist kaum auszuhalten. Nach einer halben Stunde habe ich alle Social Media-Kanäle gecheckt, 3 Bestellungen aufgegeben und auf alle Status-Meldungen in WhatsApp reagiert. Zwischendurch schickt der Göttergatte ein Meme, auf dem Ehepartner nur noch über Smartphone kommunizieren. Blickwechsel. Ich grinse ihn an. Wir verstehen uns auch ohne Worte. . "Ich

Das Gruselkabinett

Halloween - da scheiden sich die Geister. Die einen gehen links, die anderen rechts. Immer dieses neumoderne Zeug aus Amerika. Bei Nacht und Nebel durch die Straßen zu ziehen und lautstark auf sich aufmerksam zu machen, entspricht doch gar nicht unseren Bräuchen! Ende Oktober! Nein, nein, das geht in Bayern frühestens zum 10. November mit Laternen und schiefem Gesang, oder, wer es etwas rauer mag, mit Kuhglocken, Goaßeln und Masken, bei denen dem Vampir vor Schreck die Zähne aus dem Mund fallen. "Ich werde sicher nicht erlauben, dass meine Kinder verkleidet an jeder Tür nach Süßigkeiten betteln werden. Das ist eine von Zahnärzten angelegte Weltverschwörung zur langfristigen Kundenbindung. Das fördert nur ungesundes Essverhalten. Kommerz, wohin man schaut! Meine Kinder werden sich daran auf keinen Fall mal beteiligen!", hält mein 20-jähriges Ich bei Tequila-Shots auf einer Halloween-Party fest. "Willst du dieses Jahr als Vampir oder Hexe gehen?" Ich suche nebenbei na

Der Sonnenschein

Die Vögel singen, die Sonne küsst sanft den Horizont, die ersten Strahlen kitzeln mir die Nasenspitze. Vor lauter Freude ziehe ich mir die Decke nochmal über den Kopf. Die Snoozetaste weckt mich mit der Zurückhaltung eines Presslufthammers. Voller Elan rolle ich mich aus dem Bett. Die ersten Geier sammeln sich bereits auf der Fensterbank. Goldlöckchen hievt mein Bein in ihren Mini-Einkaufswagen und schiebt mich wie ein Schneepflug ins Bad. Ein wenig später. Meine Arme liegen ausgestreckt links und rechts neben meinem Kopf. Vermutlich tropft mir der Speichel aus dem Mundwinkel. Irgendwer klopft gegen meine Venen. Ahhhh, Kaffee intravenös! Schön wär's und starte stattdessen den Vollautomaten. Ich träume mich an einen Gebirgsbach. Irgendwo zwischen Weichspüler-Werbung und Ricola Kräuterzucker höre ich ihn richtig plätschern. Ich ziehe die Luft tief durch die Nase in meine Lungen und rieche... Kaffee. Ein Quell der Erquickung läuft über die Tropfschale hinaus, über die Arbeitsplatte, u

Der Putzteufel

Dem gemeinen Wuckulus Staubus, vom Volksmund auch als Staubwuckerl bezeichnet, ist noch relativ leicht mit dem Staubsauger beizukommen. Wuckulus Staubus Bickus hingegen ist eine weit aggressivere Art, bei der sich Wuckulus Staubus mit Saft oder Limo verbindet und damit einen eklig-greisligen Bick ausbildet, der sich mit aller Kraft an die Fliesen heftet. Untersuchungen zur Prävention zeichnen regelmäßig dasselbe Bild: In der Familie will keiner den Wuckulus Staubus mit Saft gefüttert haben. Es braucht zwar eine gewisse Anstrengung, aber in Kombination mit Warnschildern und Umleitungen kann man den hässlichen und klebrigen Flecken in der Wohnung für eine gewisse Zeit durchaus ausweichen. Ich würde ja viel öfter nass wischen, aber für das Klima lasse ich das lieber. Wischen verbraucht schließlich begrenzte Ressourcen, z.B. einen Eimer, einen Wischer, Wasser und meine wertvolle Energie. Außerdem stellt die Familie danach immer so seltsame Fragen: „Mama, warum hast du die Schlösser ausgeta